Ich bin ein Baumeister.

Nachhaltigkeit beginnt mit der Planung. Zu überlegen, welche Kundenbedürfnisse es gibt, wo und mit welchen Materialien man sie am besten umsetzen kann, und den Betrieb sowie die Endnutzung und das Recycling miteinzubeziehen – das ist umfassend nachhaltig.

Michael Stvarnik, Baumeister und Experte für nachhaltiges Bauen

Ich bin ein Baumeister.

Michael Stvarnik, Baumeister und Experte für nachhaltiges Bauen

Nachhaltig zu bauen heißt, Verantwortung zu übernehmen

Michael Stvarnik

Sein Spielplatz war der Bauhof. Michael Stvarnik wurde sozusagen in den Baubetrieb hineingeboren und maturierte 1966 an der HTL für Bautechnik in Graz. Als er im Jahr 1990 die Baumeisterprüfung ablegte, war er mit 23 Jahren der jüngste Baumeister Österreichs. Michael Stvarnik leitet als Geschäftsführer die Firma Stvarnik Bau mit über 50 Mitarbeiter:innen.
Der steirische Landesinnungsmeister, den am Baumeisterberuf vor allem das umfassende Aufgabengebiet interessiert, hat sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben. Dazu zählen für Baumeister Stvarnik unter anderem ein schonender Umgang mit Ressourcen, eine effiziente und langfristige Nutzung der Bauwerke, die richtige Wahl des Bauplatzes und der Baumaterialien sowie die Möglichkeit zum Rückbau und Recycling.

Wie sind Sie als Baumeister darauf gekommen, sich dem Thema Nachhaltigkeit zu verschreiben?

Nachhaltigkeit beginnt mit der Planung. Wenn man sich Gedanken darüber macht, welche Bedürfnisse der Kunde hat, wo ich diese umsetzen kann, mit welchen Materialien, in der Regionalität verbunden bleibe, dem Betrieb des Objektes bedenke, den Nutzergedanken und die Endnutzung, das Recycling bedenke, so ist das allumfassend nachhaltig. Bauen heißt errichten oder verändern. Und dazu braucht es Ressourcen. Daher muss man damit schonend umgehen.

Was muss man sich darunter vorstellen? Was verstehen Sie generell unter Nachhaltigkeit beim Bauen?

Unsere Siedlungen nehmen immer mehr Flächen in Beschlag. Ein wesentlicher Grundsatz ist, dass ich dort baue, wo die Infrastruktur bereits vorhanden ist. Und da wird an einer Dichte-Erhöhung nichts vorbeiführen. Man wird anstatt in der Fläche, in die Höhe bauen müssen. Das ist im Wesentlichen auch günstiger.

Durch kluge Konfiguration und Baustoffwahl kann der Energiebedarf beträchtlich gesenkt werden. Erdwärme, Photovoltaik, Solar sowie Wind- und Wasserkraft im Nahbereich nutzen. Das ist sinnvoll.

Auch die Lebenszyklen von verschiedenen Bauteilen sind zu bedenken und abzustimmen. Eine Burg oder ein Stadthaus wurden für mehrere Generationen gebaut und die werden auch heute noch genutzt.

Dort müssen wir wieder hin. Ein Haus für ein oder zwei Generationen zu bauen, so quasi als Wegwerf-Produkt, das ist der falsche Weg.

Bei der Wahl der Baustoffe wird man neben den ökologischen Aspekten auch auf die Regionalität Rücksicht nehmen.

Was befähigt Sie als Baumeister besonders dazu, in diesem Bereich tätig zu sein? Oder anders gefragt: warum ist ein Baumeister beim Thema Nachhaltigkeit am Bau so wichtig?

Aufgrund seiner Ausbildung kann der Baumeister Bauplätze beurteilen und die Infrastruktur derselben. Er kann den Baugrund beurteilen, kann feststellen, wie bebaubar er ist, mit welcher Fundierung. Er kann planen, das heißt, er geht auf die Nutzer Bedürfnisse ein.

Er darf errichten. Er kennt die Baustoffe, er kennt die Preise, er kennt die Professionisten. Er hat statische Kenntnisse, kann das Ganze berechnen. Wenn es um einen Altbau geht, kann er die Substanz beurteilen.

Dazu braucht man ein breites Fachwissen. Das haben wir und das werden wir zum Wohle der Gesellschaft einbringen.

Wie uns die Geschichte zeigt, sind alle bekannten, großen, alten Gebäude von Baumeistern geplant und errichtet worden. Das kann wohl kein Zufall sein. Deshalb ist der Baumeister der richtige Partner.

Referenzprojekte

Wohnprojekt ehemaliger Pfarrstadel Obdach (c) www.spekner.com

Wohnhaus Um.- Zubau, Murtal (c) www.spekner.com

Verwaltungsgebäude, Murtal (c) www.spekner.com

Jagdhütte, Forstverwaltung Niedere Tauern (c) www.spekner.com

Eine der besten Möglichkeiten ressourcenschonend zu bauen ist ja auch das Bauen an Bestandgebäuden oder -flächen. Wie sieht es da aus? Welche Möglichkeiten gibt es da aus Ihrer Sicht?

Wohl der letzte Weg wird sein, ein Gebäude ersatzlos abzutragen. Und da gilt es vorher zu prüfen: Kann ich diesen Bau umbauen, anderweitig nutzen, revitalisieren oder assanieren, dass zumindest die Infrastruktur, der Bauplatz wieder genutzt wird? Und wenn dann nach hoffentlich langer Zeit der Abbruch eines Gebäudes ansteht, soll ein Rückbau möglich sein.

Unsere Gebäude und Bauwerke, die wir abtragen, beherbergen Berge von Rohstoffen. Manche Baustoffe, so wie diese, waren ein Haus, dann ein Nebengebäude und jetzt werden sie recycelt, werden ihrer letzten Nutzung zugeführt. Und so wird dieser Ziegel seine letzte Verwendung als Sand-Bettung für einen Kabelstrang erfahren.

Welche Kriterien entscheiden über Abriss oder Erhaltung vorhandener Bausubstanz. Welche Aspekte gilt es dort unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen?

Um zu entscheiden, ob man saniert, umbaut oder neu baut, muss man den Bestand aufnehmen. Man muss das statische System verstehen. Man muss sich in das Bauwerk, in den Errichter hineindenken und erst dann kann man entscheiden und die richtige Wahl treffen. Im Gegensatz zu einer Modernisierung, die das Ursprungsmaß verbessert, bleibt das Ursprungsmaß bei einer Sanierung erhalten und die Substanz wird durch Sanierungsarbeiten auf die Neuerrichtung der Substanz zurückgeführt.

Für die Zukunft wünsche ich mir erstens für die Gesellschaft und für die Umwelt, dass sie von der Fachkompetenz der Baumeister profitieren. Zweitens, all unseren Mitarbeitern Kraft und Freude an der Arbeit. Und drittens mir, dass ich diesen wunderschönen Beruf noch lange ausführen kann.

Michael Stvarnik

Warum braucht es auch in Zukunft Baumeister?

Der Baumeister hat aufgrund seiner Ausbildung im Gewerberecht den höchsten Umfang und wird sicherlich nicht umsonst im Kammermatrikel an erster Stelle geführt.

Baumeister zu sein heißt Verantwortung übernehmen, dem Bauherrn gegenüber, den Mitarbeitern, unserer Gesellschaft und der Natur gegenüber. Das ist Nachhaltigkeit und diese Herausforderung nehmen wir an.

Warum sollten sich junge Leute für eine Lehre am Bau entscheiden und welche Tipps würden Sie ihnen mit auf den Weg geben?

Ich würde jungen Menschen empfehlen, sich für das Baugewerbe zu entscheiden. Aus folgenden Gründen: Zunächst einmal errichten sie etwas, das noch Generationen später bewundert und genutzt werden kann. Dann ist es so, dass sie ein Werk vom Anfang bis zum Ende vollbringen. Dann kommt noch dazu, dass wir am Bau eine sehr gute Entlohnung haben. Nicht umsonst kann man sagen, dass speziell für junge Leute dieses Handwerk einen goldenen Boden hat.

Warum sind Sie Baumeisterin geworden? Was hat Sie so besonders an diesem Beruf fasziniert?

Ich wurde quasi in den Baubetrieb hineingeboren und bin im Baubetrieb aufgewachsen. Mein Spielplatz war der Bauhof. Es interessiert mich am Baumeister-Beruf das Allumfassende.

Erstens die Wahl des Schauplatzes. Ich muss auf die Versorgung, auf die Entsorgung, auf Naturgefahren Bedacht nehmen.

Der zweite Punkt ist dann eigentlich die Planung eines Gebäudes oder eines Bauwerkes selbst. Ich muss mich in den Nutzer hineindenken. Ich nehme auf die Örtlichkeit der Baustoffe Bedacht. Ich muss auf die Statik Bedacht nehmen. Und ich muss schauen, was passt in die Gegend, was passt in das Umfeld?

Drittens die Errichtung eines Gebäudes an und für sich. Die handwerkliche Fertigkeit, die Materialien. Was ist vor Ort vorhanden? Und wie kann ich das Ganze mit kurzen Verkehrswegen und günstig errichten?

Was mich ebenfalls interessiert, wie ich so ein Gebäude oder ein Bauwerk über die Dauer Instand halte und nutze. Welche Kosten fallen da an und wie kann ich es instand halten? Ist es günstig oder ungünstig? Das fließt ja alles mit ein in die Überlegungen, wie und was man baut.

Und im Extremfall: Wie kann ich das Gebäude wieder und das Bauwerk zerteilen, zerlegen und wieder die Stoffe der Kreislaufwirtschaft zuführen?

Hat sich (oder wird sich) durch die aktuelle Nachhaltigkeitsdiskussion eigentlich die Ausbildung des Baumeisters verändert?

Die Ausbildungen der Baumeister werden laufend den Veränderungen angepasst, aber auch die Prüfungen, um eine hohe Qualität der Baumeister Zunft zu erhalten. In der Ausbildung werden alle ökologischen und nachhaltigen Aspekte eingebunden und damit sichergestellt.

Hat der Beruf dann eigentlich noch was mit Handwerk zu tun?

Das Handwerk, die Handwerkskunst ist die Basis alles Schaffens. Und dazu bekennen wir uns.

Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft?

Für die Zukunft wünsche ich mir für die Gesellschaft und für die Umwelt, dass sie von der Fachkompetenz der Baumeister profitieren.

Baumeister Techn.R. Ing Michael Stvarnik

Landesinnungsmeister Steiermark

Werdegang

1985

Matura an der HTL für Bautechnik, Graz

1990

Baumeisterprüfung mit Auszeichnung, damals jüngster Baumeister Österreichs mit 23 Jahren

Seit 2000

Bezirksmeister Landesinnung Bau für Judenburg, nunmehr Murtal & Mitglied Landesinnungsausschuss Baugewerbe

Lehrlingsprüfer Maurer, Schalungsbauer

Seit 2005

Baumeister-Prüfer

2008

Ehrennadel Landesinnung Bau Silber

Seit 2010

Vorsitzender Kuratorium Baumeisterprüfung Steirermark

Vorsitzender Bundesausschuss Arbeitssicherheit (Baugewerbe und Bauindustrie Österreichs)

2011

Ehrennadel Landesinnung Bau Gold

2022

Verleihung Berufstitel „Technischer Rat"